Starke Wirtschaft. Gutes Leben

WFG - Wirtschaftsförderungsgesellschaft am Mittelrhein mbH

Arbeitgebermarketing ist mehr als eine Stellenanzeige

14.10.2016

Unternehmen zur Marke entwickeln und nach außen „verkaufen“

Intensiver Workshop: Unter der Leitung von Dr. Christoph Dickmanns (r.) wurde gezeigt, wie sich Unternehmen als Marke etablieren können. Wie man das kommuniziert, erklärte Siegbert Pinger (2.v.r.) von „vem. die arbeitgeber“ und Michael Olbermann (2.v.l.) stellte die Aktivitäten von „Niesmann+Bischoff“ vor. Initiiert war der Workshop von der fachkräfteallianz MYK unter der Federführung der WFG, hier mit Geschäftsführer Henning Schröder und Rita Emde.

Mitarbeiter im Unternehmen halten, neue Mitarbeiter hinzugewinnen: Das ist Ziel der Fachkräfte-Allianz Mayen-Koblenz. Doch wie kann man das eigene Unternehmen zur Marke entwickeln, um Bewerbern zu zeigen, wofür man steht und was einen einzigartig macht? Und wie kann man sich extern damit positionieren? Fragen, auf die der jüngste Workshop „Arbeitgebermarketing“ die passenden Antworten hatte.

Vertreter aus rund 30 Betrieben kamen nach Polch zu Niesmann+Bischoff. Der Ort war bewusst von der Wirtschaftsförderung des Kreises gewählt worden: Der Spezialist für exklusive Reisemobile ist auch bei der Mitarbeiterakquise bestens unterwegs.

Dafür braucht es über den klassischen Weg der Stellenanzeige hinaus heute einer klaren Strategie, die mit einer Analyse des eigenen Unternehmens beginnt, wie der Berater der Fachkräfte-Allianz, Dr. Christoph Dickmanns, betonte. Denn die Arbeitgebermarkenbildung (Employer Brand) verdeutlicht das Wertesystem eines Unternehmens und seine Art zu agieren. Ziel ist es, derzeitige und potenzielle Angestellte anzuziehen, zu motivieren und zu halten: „Die Employer Brand signalisiert Bewerbern, wofür das Unternehmen als Arbeitgeber steht und was es einzigartig macht.“ Lippenbekenntnisse allein reichen nicht. Um sich zu positionieren, hilft ein Selbsttest: Wurden die eigenen Werte mit den Mitarbeitern definiert? Setzt die Führung diese Werte um? Ist man selbstzufrieden oder fragt man kritisch nach Verbesserungsmöglichkeiten des Betriebsklimas? Werden Mitarbeiter gefördert, nehmen wir deren Meinung ernst? Erreichen uns passgenaue Bewerbungen? Gehen wir über die üblichen Kanäle (Zeitungsanzeige, Arbeitsvermittler) aktiv - auf der Homepage oder Social-Media-Kanälen - auf unsere Zielgruppen zu? Ist unser Ruf so gut, dass wir damit werben können? „Diese Fragen muss man ehrlich beantworten“, machte Dickmanns deutlich.

Die ungeschminkte Selbstanalyse hilft, die Stellschrauben neu zu justieren. Das dürfte in vielen Fällen ein kontinuierlicher Prozess sein, dem die Präsentation folgen muss: „Ein Employer Brand, das nicht authentisch ist, führt in die Sackgasse.“

Wer sich glaubhaft darstellen will, muss Bewerbern richtige und wahrhaftige Informationen an die Hand geben, von der Geschichte des Unternehmens, wofür man steht, was einen antreibt - und wo man hin will. Klar: Das Gehalt spielt auch eine Rolle. Leistungen, Kompetenzen und Image des Betriebs spielen aber ebenfalls eine gewichtige Rolle, bis hin zu der Frage: Kann das Unternehmen glaubhaft erklären, was es verspricht?

Diese Prozesse wirken sich im Betrieb positiv auf Krankenstand, Loyalität und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter aus: Die eigenen Fachkräfte wandern seltener ab. Das unterstrich auch Siegbert Pinger, Geschäftsführer bei „vem. die arbeitgeber“, der rund 200 Unternehmen in Rheinland-Pfalz vertritt: „Talente kommen wegen dem Unternehmensimage, sie bleiben wegen spannender Aufgaben - und sie gehen wegen mieser Führung.“ Hat ein Unternehmen aber ein gutes und glaubhaftes Markenimage, muss es dies auch nach außen kommunizieren. Die Möglichkeiten dafür sind heute so gut wie nie - müssen aber auch genutzt werden. Gesucht werden Talente, Azubis, Fachkräfte und Kooperationspartner. Adressaten der externen Kommunikation können demnach Schüler, Studierende und Studienabgänger, Professionals und Führungskräfte sein. Nicht zu unterschätzen: die Medien als Multiplikatoren. Mit Verve plädiert Pingers Verband dafür, dabei die unterschiedlichen Generationen zu berücksichtigen. Die „Generation X“ (Jahrgänge 1964 bis 1980) dürfte noch am ehesten auf die üblichen Werbeformen ansprechen, die Generationen Y (bis 1999) und Z (ab 1999) sind auf den klassischen Wegen kaum oder gar nicht mehr anzusprechen: „Gerade die Generation Z will Anerkennung. Wo sie sie nicht bekommt, da holt man sie sich selbst“, so Pinger. Etwa auf dem Foto-Portal Instagram.

Für die Arbeitgeber heißt das, differenzierter in den Kanälen zu erscheinen. Eine aktuelle Homepage - mit der Möglichkeit der Online-Bewerbung - sei ebenso notwendig wie die Optimierung der Seiten für mobile Geräte. Newsletter, PR in Medien und Anzeigen, Plakate oder Kinowerbung. Alles Optionen. „Wer eine Marke aufbauen oder etablieren will, kommt um Social-Media-Kanäle aber nicht herum“, so Pinger. Deren Bedeutung ist deutlich gestiegen, wie auch eine Studie der Uni Bamberg belegt. Wer auf Facebook, Twitter, YouTube oder mit einem eigenen Blog auf sich aufmerksam machen will, sollte sich vorher im Klaren sein, wen man wie erreichen kann. Inhalte, die tiefere Einblicke in das Unternehmen bieten, sind ebenso wichtig wie deren Aufbereitung, etwa das Video über den Betrieb oder die Ausbildung.

Diese Prozesse hat „Niesmann+Bischoff“ schon hinter sich, wie Personalchef Michael Olbermann erläuterte. Authentisch und ehrlich sein, ist auch dort Credo: „Was innen nicht vorhanden ist, kann man nach außen nicht vermarkten.“ Auf der Homepage hat man einen umfangreichen Karrierebereich eingerichtet, der über Ausbildung, Onlinebewerbung, Aufstiegschancen, Praktika und mehr informiert. Der Besuch von Karrieretagen und Messen sowie ein Tag der offenen Tür sind längst Standard. Zahlreiche Sozialleistungen, Vertrauensarbeitszeit, Home-Office ergänzen das Portfolio. Für Praktikanten ist man als „Fair Company“ zertifiziert, der dem akademischen Nachwuchs wertvolle Praxiserfahrung zu anerkannten Qualitätsstandards bietet. Und Social Media? Bei „Niesmann+Bischoff“ konzentriert man sich auf LinkedIn und Xing. In den Berufenetzwerken gibt es nicht nur eine Unternehmensseite, bei Xing stellt man sich auch offensiv „Kununu“, einer Plattform, wo Mitarbeiter oder Bewerber einen Betrieb bewerten. Der Aufwand ist groß, das sagt auch der Personalchef. Was man aus dem großen Portfolio für das eigene Unternehmen aussucht, sollte gut überlegt sein. Lohnend ist es laut Olbermann auf jeden Fall. 70 Fachkräfte hat man neu rekrutiert. Und die Fluktuation liegt unter einem Prozent!

nach oben
Archiv 2024 Archiv 2023 Archiv 2022 Archiv 2021 Archiv 2020 Archiv 2019 Archiv 2018 Archiv 2017 Archiv 2016 Archiv 2015 Archiv 2014 Archiv 2013 Archiv 2012 Archiv 2011 Archiv 2010 Archiv 2009 Archiv 2008 WFG Magazin DIALOG
Matthias Nolte, Nolte Werkzeugbau GmbH zum Fachkräfte-Film